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Getrocknete Lupinensamen

Bild: Luis Molinero / stock.adobe.com

Lupine

  1. Regional: kaum

Noch führt die Lupine als Kulturpflanze eher ein Schattendasein. Dabei ist sie mit rund 40-50 % Rohprotein äusserst eiweiss- und mineralreich (Kalium, Calcium, Magnesium sowie Eisen). Alle essentiellen Aminosäuren sind enthalten, der Fettgehalt ist niedrig, und sie sind leicht verdaulich. Sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe wie die Isoflavonoide Genistein und Daidzein sollen als Antioxidantien wirken und verfügen über antibiotische Eigenschaften. Das glutenfreie Lupinenmehl ist zudem gut zum Backen geeignet. Genetisch veränderte Lupinensorten gibt es nicht.

Sogar der Bauernverband und der WWF empfehlen den Anbau als Alternative zu importiertem Futtersoja, das oft mit Gentech-Soja verunreinigt ist. Die Lupine gilt ausserdem als „bodenverbessernd“, indem sie mit Hilfe von Knöllchenbakterien Stickstoff bindet und mit langen Wurzeln Phosphor näher an die Oberfläche transportiert. Sie benötigt also keinen oder zumindest weniger Dünger und wirkt wie solcher für nachfolgende Kulturpflanzen (40 bis 60 kg Stickstoff pro Hektar).

Trotzdem sind kaum Lupinen-Produkte erhältlich; in einigen Bioläden Schrot, Burger, Schnitzel, Würstchen oder Brotaufstriche. Immerhin ist die Tendenz steigend. Das sorgt für „Schlagzeilen“ wie „Lupinensamen erobern die Supermarktregale“. Dabei hat die Hülsenfrucht eine Jahrtausende alte Tradition als Lebensmittel und wurde bereits im vorchristlichen Ägypten, Griechenland und im Alten Rom gegessen. Das ist überraschend, weil erst ab 1930 ungiftige Süsslupinen gezüchtet wurden. Bis dahin mussten die giftigen Bitterstoffe mit Salzwasser mühsam ausgewaschen werden. In Salzlake eingelegt, sind sie heute noch eine Spezialität in Südeuropa („Lupini“ oder „Tremoco“).

Ungeachtet ihres Namens schmecken auch Süsslupinen bitter, besonders die Blaulupinen. Für die Entwicklung eines Produktionsverfahrens, mit dem das Eiweiss aus den Samen von Blaulupinen gelöst wird, erhielten Forscher vom Fraunhofer-Institut 2014 den „Deutschen Zukunftspreis“. Mit Hilfe dieser patentierten Methode stellt das deutsche Unternehmen „Prolupin GmbH“ Lupinen-Produkte für die Lebensmittelindustrie her. Dabei strebt der Hersteller an, rund 90 % der Samen zu verwerten. Schalen, Öl und Fasern werden also ebenfalls genutzt. Bekannt wurde Prolupin 2011 mit veganem Speiseeis (damals unter dem Markennamen „Lupinesse“). In der Schweiz erhältliche Lebensmittel aus oder mit Lupineneiweiss werden jedoch nicht nach dem Fraunhofer-Verfahren erzeugt. So oder so, fast ausschliesslich handelt es sich um Nahrungsmittel mit hohem Verarbeitungsgrad.

Lupinenmehl hingegen hat die Industrie schon viel früher für sich entdeckt. Sie verwendet es in Back- und Teigwaren, aber auch in Konfitüre oder Ketchup. Einerseits lässt sich damit die biologische Wertigkeit (verwertbares Eiweiss) von Backwaren steigern, andererseits bietet es eine Reihe technologischer Vorteile. Es hellt die Krume auf von Weizengebäck, verlängert die Haltbarkeit, bindet Wasser und Fett. Einer Studie aus 1986 zufolge lasse sich bei einem Anteil von bis zu 6 % kein sensorischer Nachteil der Brotqualität feststellen (Zacharias, Yanez, Araya & Ballester).

Dagegen sind Allergien auf Lupinen in etwa so häufig wie die auf Soja (doch dazu gibt es nur wenig aussagekräftige Kleinstudien). Besonders, wer auf Erdnüsse, Kichererbsen, weisse Bohnen, Klee oder eben Soja allergisch ist, muss bei Lupinen vorsichtig sein. Als Alternative für Soja-Allergiker eignen sie sich also nur bedingt. Von der Presse aufgegriffen wurde beispielsweise ein Fall aus 2005. Ein junger Mann wurde nach dem Konsum einer Pizza mit nicht deklariertem Lupinenmehl mit schweren Asthmaanfällen auf die Intensivstation des Zürcher Universitätsspitals eingewiesen. Ähnliche Vorkommnisse sind in anderen Ländern dokumentiert.

Meist ist die Reaktion allerdings deutlich harmloser: Magenprobleme, Hautausschläge und / oder eine Schwellung der Nasenschleimhäute. Seit einigen Jahren müssen Lupinenbestandteile in Lebensmitteln ausgewiesen werden (auch in der EU). In Kleinstudien war Lupinenmehl dafür in der Lage, den Cholesterinwert zu senken. Es könnte vorbeugend wirken gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen bzw. eine Behandlung unterstützen.

Dass in der Schweiz kaum Lupinen kultiviert werden, liegt nicht am allergischen Potenzial. Ausschliesslich für Futtermittel subventioniert der Bund seit Januar 2000 den Lupinenanbau (mittlerweile reduziert auf CHF 1’000.00 pro Hektare jährlich); sind die Samen für menschliche Ernährung bestimmt, entfällt der Kulturbeitrag. Das gilt übrigens gleichermassen für Ackerbohnen und Eiweisserbsen; für Linsen und Kichererbsen gibt es gar nichts (bei näherer Betrachtung stellt diese Politik eine zugegebenermassen sanfte und indirekte Förderung der Schweizer Fleischproduktion dar). Für Landwirte bleiben andere Kulturpflanzen lukrativer, besonders als Nahrungsmittel, nicht nur wegen der fehlenden Zuschüsse.

Hier ist nämlich Bio-Qualität gefragt, was allerdings nicht so einfach ist. Um die Jahrtausendwende tauchte plötzlich Anthraknose auf, eine Pilzerkrankung, die ganze Ernten vernichten kann. Der Anbau von Lupinen kam vollständig zum Erliegen. Seit 2005 gibt es Sorten der Blauen Süsslupine, die auf den Pilz weniger anfällig sind, sich dafür aber schlechter gegen Unkraut durchsetzen können als die Weisse oder die Gelbe Lupine. An die schmackhaftere Weisse Lupine getrauen sich deswegen nur wenige deutsche Agronomen (das Saatgut ist immer konventionell). Zahlreiche Forscher, in der Schweiz unterstützt von Agroscope, arbeiten an der Zucht von resistenten Lupinensorten.

Als Alternative zu Soja, die auch in höheren Lagen gedeiht, wird die Lupine in absehbarer Zukunft also wieder an Bedeutung gewinnen, vor allem in der Lebensmittelindustrie.

In der Schweizer Nährwertdatenbank ist die Lupine nicht enthalten.