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Der ökologische Fussabdruck

Bild: F. Zimmermann

Umwelt

Fleisch

Klima

Zugegeben, auf den ersten Blick klingt es wie ein Witz, dass furzende und rülpsende Rinder einen wesentlichen Einfluss auf das Weltklima haben sollen – so lange, bis man sich die schiere Zahl vor Augen führt: Weltweit leben fast eine Milliarde Rinder (davon ungefähr 1,5 Mio. in der Schweiz – Quelle: statista.com; die FAO kommt sogar auf 1,5 Milliarden Rinder für 2013). Eine auf Milchproduktion gezüchtete „Hochleistungskuh“ stösst bis zu 500 g Methan aus pro Tag. Gemäss schweizerischem Agrarbericht beträgt der Anteil der Nutztiere an den jährlichen Treibhausgas- Emissionen (THG) für 2013 rund 54 % allein durch Methan-Emissionen, jährlich 3,2 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent. Für die Fleischproduktion sind natürlich weitere Faktoren massgebend, von der Futtermittelproduktion über den Transport bis zur „Abfallbeseitigung“.

2011 hat eine Studie im Auftrag des Bundesamts für Umwelt erstmals weltweit die gesamthaft entstehenden Umweltbelastungen untersucht, die durch Schweizer Nahrungsmittelkonsum und -produktion entstehen. 30 % gehen auf die Ernährung zurück, wovon gerade mal 40 % tatsächlich im Inland anfallen. Mit 17 % aller THG-Emissionen ist Ernährung die drittstärkste Kategorie nach „Wohnen und Energie“ und „Mobilität“.

Im Agrarbericht 2015 weisen die Autoren anhand dieser und weiterer Studien deutlich darauf hin, dass uns als Konsumenten eine Verantwortung bei der Minderung der Emissionen zufalle und dass hauptsächlich tierische Produkte sehr hohe THG-Intensitäten aufwiesen. „Die Eiweissbeilage beeinflusst die Umweltbelastung einer Mahlzeit weit mehr als jede andere Entscheidung“, heisst es in einem der Berichte, der Menüvarianten im ökologischen Vergleich behandelt. Eines der Beispiele ist ein Menü aus Rindsragout, Kartoffelstock und Buschbohnen, bei dem pro Teller 6000 Umweltbelastungspunkte errechnet werden. Ersetzt man das Rindfleisch durch Geflügel, reduzieren sich die UBP auf die Hälfte. Wählt man anstelle des Fleisches ein Pilzragout, sinkt die Belastung auf unter ein Viertel.

Entsprechend ziehen die Autoren des Agrarberichts den Schluss, dass eine vegetarisch orientierte Ernährung aus Sicht des Klimaschutzes äusserst vielversprechend sei, weil die Wirkung über sämtliche Bereiche der Nahrungsmittelkette erfolge. Ausserdem können wir zum Klimaschutz beitragen, indem wir möglichst wenig verarbeitete, regionale und saisonale Produkte einkaufen.

Noch besser wäre eine streng vegetarische, also vegane Ernährungsweise.

Naturschutz

Die riesigen Rinderherden und der Anbau von Futtermitteln in Südamerika tragen wesentlich zur Zerstörung des Regenwaldes bei – über 60 % der entwaldeten Flächen werden zu Viehweiden (laut Fleischatlas von INPE durch die Auswertung von Satellitenaufnahmen ermittelt).

Generell muss wegen des wachsenden Fleischkonsums die Natur Weideflächen und Äckern für Futtermittel weichen; mehr als zwei Drittel aller landwirtschaftlich genutzten Flächen seien Weideland, heisst es im Weltagrarbericht des Weltagrarrats (eine Kommission der Unesco). Der grösste Teil dieses Landes lasse keine andere Nutzung zu, wobei Übernutzung bereits jetzt teilweise ein schwerwiegendes Problem darstelle.

Für Wildtiere bedeutet das einen Verlust an Lebensraum, was auch die Artenvielfalt bedroht.

Gülle und Festmist

Gülle und Mist sind von der Landwirtschaft geschätzte Düngemittel, die alles enthalten, was der Boden braucht: Stickstoff, Phosphor, Kalium, Magnesium und weitere wertvolle Mineralien.

Insgesamt fällt jedoch mehr davon an, als die Agronomie tatsächlich brauchen kann.

Die auffälligsten Unannehmlichkeiten haben zunächst einmal die Anwohner. Da sich das Siedlungsgebiet immer weiter aufs Land ausdehnt, beschäftigen Klagen über landwirtschaftliche Gerüche zunehmend die Behörden. Zum Gestank tragen auch die heutzutage besser durchlüfteten Ställe mit mehr Auslauf und Biogasanlagen bei. Agroscope betreibt entsprechende Studien, darunter solche, die auf den ersten Blick fragwürdig erscheinen: Was für Gerüche werden denn als unangenehm empfunden? Hofdüngerlager mit Festmist oder Gülle zählen diesen neusten Erkenntnissen nach zu den geruchsintensiven Quellen. Testpersonen empfanden den Geruch von Biogas und Rindergülle als unangenehm. Spätestens jetzt ist es also wissenschaftlich erwiesen: Gülle stinkt. Auf den zweiten Blick allerdings geht es nicht nur um offensichtliche Binsenweisheiten, sondern vor allem um die Konzentration solcher Gerüche, um mikroklimatische Bedingungen, welche die Standorte der landwirtschaftlichen Betriebe und der Siedlungsgebiete betreffen. Agroscope arbeitet derzeit an einer „Mindestabstandsempfehlung für Tierhaltungsanlagen“, die eine individuelle Beurteilung der einzelnen Betriebe und der Standortwahl für Biogasanlagen oder Futter- und Düngerlager ermöglichen soll. Ziel ist es, mehr Rechtssicherheit bei der Standortwahl zu schaffen und künftig solche „Geruchsklagen“ zu vermeiden.

Bei allem Verständnis für die betroffenen Anwohner (frisch aufs Feld gebrachte Rindergülle ist eine olfaktorische Ohrfeige, Schweinegülle ein Kinnhaken), ist ihr Problem letztlich das Kleinste. Kunst- und tierischer Dünger belasten die Umwelt stark, hauptsächlich bei Überdüngung.

Nitrate geraten ins Grundwasser, ebenso wie Stickstoff und Phosphor, die sich negativ auf die Fruchtbarkeit der Böden auswirken können (künstlich hergestellter Phosophordünger weist zudem Uran auf, das mittlerweile in pflanzlichen Lebensmitteln nachgewiesen werden kann, wenn auch unterhalb der Grenzwerte. Noch). Ammoniak belastet die Luft, verbreitet sich in der Atmosphäre, reagiert dort, lagert sich wieder ab (teils als Ammonium). Gedüngte Böden setzen Lachgas frei, ein Treibhausgas. Tierischer Dünger aus konventioneller Landwirtschaft enthält zudem Medikamentenrückstände und teilweise resistente Krankheitserreger, welche in Böden und Grundwasser gelangen können.

Um nur ein einziges Beispiel zu nennen: EHEC, bekannt durch die Medien seit der „Epidemie“ 2011 in Deutschland, sind Stämme der sonst meist harmlosen E. Coli, die ein Gift namens Verotoxin produzieren, das blutigen Durchfall auslösen kann. Damals starben 53 Menschen in Deutschland an der Infektion. In der Schweiz erhält das Bundesamt für Gesundheit (BAG) jährlich bis zu 200 Fallmeldungen. Laut BAG sind vor allem Rinder, aber auch andere Wiederkäuer wie Schafe, Ziegen oder Wildtiere wie Rehe die natürlichen Reservoire dieser Erreger. Die Übertragung geschehe hauptsächlich durch den Konsum von kontaminierten Lebensmitteln wie ungenügend gekochtem Fleisch, Gemüse oder Früchten und Rohmilchprodukten sowie Trinkwasser. Ausserdem ist eine Ansteckung durch eine Schmierinfektion möglich, also Kontakt mit Kot von Mensch oder Tier (falls Sie öffentliche Toiletten oder Toiletten von Firmen nicht vermeiden können, achten Sie einmal darauf, wie viele Personen an den Waschbecken vorbei schlendern, ohne sie eines Blickes zu würdigen, geschweige denn zu benutzen. Im Lebensmittelbereich arbeitende Personen mit ähnlichem Hygieneverständnis waren für den erwähnten Ausbruch 2011 in Norddeutschland verantwortlich). Gülle allein ist nicht der einzige Risikofaktor, aber einer der Gründe, warum wir Gemüse und Früchte niemals ungewaschen verzehren dürfen und dabei fast schon so vorgehen müssen wie beim Umgang mit Giften.

Das alles wirkt auf den ersten Blick, als würde sich das Problem auf die pflanzliche Ernährung verschieben, doch insgesamt produzierte die Schweiz im Jahr 2013 rund 31’000 Tonnen Futtermittel.

Fisch und Meeresfrüchte

Mit einem Pro-Kopf-Konsum von 9,1 Kilogramm Fisch und Meerestieren (total 74’573 Tonnen) wurde 2013 in der Schweiz der Höchstwert erreicht. 2014 lag der Wert bei 8,76 kg, 2015 bei 8,85 kg (weltweit sind es etwa 19 kg, dafür ist der Fleischkonsum geringer). Am beliebtesten waren Thunfisch, Crevetten und Lachs. Der Anteil an Zuchtfisch liegt heute bei ca. 50 %.

Ist es schon schwierig genug, die Umweltbelastung von Fleisch und Fleischprodukten kurz zusammenzufassen, ist das bei Fisch und Meerestieren derzeit nahezu unmöglich. Sie ist weniger abhängig davon, ob die Tiere nun aus Wildfang oder Zucht stammen, als von der Art sowie den Fang- und Zuchtmethoden.

Sogar Thunfisch ist nicht gleich Thunfisch, um nur ein Beispiel zu nennen. Er stammt nicht bloss aus verschiedensten Gebieten mit unterschiedlich schädlichen Fangmethoden, sondern umfasst acht Arten, einige davon gefährdet bis stark gefährdet. Der Blauflossenthun, („roter Thun“) ist in manchen Regionen vom Aussterben bedroht, im Ostatlantik und Mittelmehr überfischt und stark bedroht. Als „Beifang“ gehen den Fischern häufig Delfine und Meeresschildkröten ins Netz.

Wer denkt, dass er der Umwelt einen Gefallen tut, indem er seinen roten Thun ausschliesslich aus Zucht kauft, irrt sich gewaltig: Dafür werden junge Fische gefangen, der Bestand also genauso dezimiert, und anschliessend mit Fischmehl und Fischöl gemästet. Für ein Kilogramm Blauflossenthun aus Zucht werden gemäss WWF bis zu 20 kg Wildfisch benötigt.

Zucht

Natürlich sind nicht alle Zuchtfische dermassen bedenklich wie das Beispiel vom roten Thun. In unseren Breitengraden sind jedoch hauptsächlich Raubfische beliebt wie Thunfisch, Forellen, Lachs oder Egli (auch Crevetten sind Fleischfresser). Oft ist die Fütterung so ineffizient, dass mehr Fisch verbraucht als produziert wird, durchschnittlich das Vierfache an Wildfisch je Kilogramm Speisefisch.

Hinzu kommt, dass (teilweise gentechnisch verändertes) Soja als Fischfutter eingesetzt wird. Das trägt unter anderem zur Zerstörung des Regenwaldes bei (ist aber nichts im Vergleich zur Sojaverschwendung für Futtermittel für Rinder, Schweine und Geflügel).

Abhängig vom Standort der Fischzucht stellen Chemikalien, der hohe Medikamentenverbrauch (verbunden mit Antibiotikarückständen oder krebserregenden Stoffen im Fisch), Kot und beheizte Anlagen zusätzliche Probleme für die Umwelt dar.

Dazu existieren Label wie ASC für „nachhaltigen Fisch“ (seit 2012), das allerdings in Wirklichkeit nur einen Mindeststandard voraussetzt und das der WWF zwar mitbegründet hat, jedoch selbst als Kompromisslösung bezeichnet. Greenpeace und Fair Fish kritisieren das Label stark – bei Fair Fisch handelt es sich um ein anderes, etwas empfehlenswerteres Label. Diese Organisation lehnt Zuchtfisch eher ab. Ein weiteres Label ist Friend of The Sea, das letztlich zu niedrige Anforderungen an den Umweltschutz stellt. Am besten schneiden bei verschiedenen Untersuchungen jeweils die bio Labels ab.

Wie umweltverträglich die Fischzuchten sind, ist wie gesagt sehr von der Art abhängig. Deshalb veröffentlicht der WWF Schweiz in seinem Online-Ratgeber eine Liste mit Fischen und Meeresfrüchten, die er von „Empfehlenswert“ bis „Hände weg!“ einstuft: Ratgeber Fische und Meeresfrüchte. Wer unbedingt empfindungsfähige Lebewesen wie Fische verzehren will, sollte also zumindest diese Empfehlungen beachten und Bioprodukte vorziehen. Bio-Labels verbieten Antibiotika zur Vorbeugung und setzen höhere Massstäbe bei der Tierhaltung (statt simpler Betonbecken müssen die Becken den natürlichen Bedürfnissen der Fischen entsprechen und eine vielfältige Umwelt bieten). Die „Besatzdichte“ ist begrenzt und es herrschen strenge Vorschriften zur Schlachtung. Nur bleibt das Problem, dass es sich vorwiegend um Raubfische handelt, die mit Fischmehl und Fischöl gefüttert werden. Auch Biolabel gestatten teilweise Fischfutter aus industrieller Produktion.

Wildfang

Die grössten Probleme des Wildfangs sind die Überfischung der Weltmeere und der Beifang.

„Überfischung“ heisst, dass in einem Gewässer mehr Fische gefangen als geboren werden oder zuwandern. Dadurch sind mittlerweile rund zwei Drittel der Arten von der Ausrottung bedroht; einige stehen kurz davor. Ausrottung bedeutet nicht nur, dass es eine Tierart weniger gibt, sondern vor allem, dass das ganze Ökosystem durcheinander gewürfelt wird.

Zu den gefährdeten Arten zählt auch der Kabeljau, der Dorsch, dessen Leber für Lebertran verwendet wird und aus dem oft Fischstäbchen produziert werden (mit zum Schwachsinnigsten, worauf ich bei der Recherche zum Thema gestossen bin, gehört ein Artikel vom Oktober 2015 im Blick, dessen Autor unter der Überschrift „Das wäre megablöd!“ davor warnt, dass sich „Kinder vielleicht bald von ihrem Lieblingsessen“ verabschieden müssten und am Ende die Frage stellt, ob das „günstige Lieblingsessen vieler grosser und kleiner Kinder bald zum Luxusprodukt werde.“ – dies als Reaktion auf eine in Nature publizierte Studie zu den zurückgehenden Beständen an der US-Ostküste. Der Text veranschaulicht leider nur zu gut das Umweltbewusstsein allzu vieler Leute).

Deshalb gibt es Fangquoten, die jedoch bestenfalls festhalten, dass nicht mehr Fisch gefangen werden darf, als nachwächst. Das hielte die Fischbestände auf dem derzeitigen niedrigen Niveau, wenn nicht illegale Fischerei munter dagegen verstossen würde (laut WWF stammen weltweit 18 % des Fischfangs aus illegaler Fischerei). Damit die Fischbestände Gelegenheit erhalten, sich zu erholen, müssten die Fangquoten deutlich niedriger sein bzw. grosse Teile der Weltmeere unter Naturschutz gestellt werden. Hinzu kommt, dass die festgelegten Fangquoten umstritten sind (die EU überschreitet die Empfehlungen der ICES (Internationaler Rat für Meeresforschung) um fast die Hälfte.

„Beifang“ bezeichnet all die unerwünschten Meerestiere (und Seevögel), auf deren Verarbeitung die Fangschiffe nicht ausgerichtet sind, und die trotzdem in den Netzen bzw. an den Langleinen hängenbleiben. Diese Tiere werden oft einfach wieder ins Meer geworfen, überleben die Fangprozedur jedoch nur selten. Jährlich sterben so laut WWF zum Beispiel rund 300’000 Kleinwale, Delfine und Tümmler sowie mehr als 250’000 Unechte Karettschildkröten und Lederschildkröten. Beifang kann bis zum 20fachen der gewünschten Fische und Meerestiere ausmachen.

Die Fischerei belastet die Umwelt ausserdem durch den Dieselverbrauch ihrer riesigen Fangflotten. Eine kanadische Studie aus 2014 errechnet beispielsweise für eine Tonne Shrimps oder Hummer durchschnittlich 2923, für Seezunge 2827 oder weissen Thun 1612 Liter Diesel. Am besten schneiden Sardinen mit 71 Liter Diesel in dieser Studie ab.

Wer nicht auf Fisch aus Wildfang verzichten will, sollte wenigstens auf das MSC-Label achten, das für „bestandeserhaltende Fischerei“ steht. Fangquoten beruhen auf wissenschaftlichen Empfehlungen. Eine Untersuchung aus 2012 kritisiert jedoch, dass 31 Prozent der MSC-zertifizierten Fische und Meerestiere überfischt oder nicht umweltverträglich befischt seien (der MSC wiederum lehnt die Studie ab, weil sie international nicht akzeptiert sei).

Umgekehrt wird leider auch ein Schuh draus: Die simple Tatsache, dass wir die Weltmeere als gigantische Müllhalde behandeln (es soll in den Ozeanen inzwischen mehr Plastik geben als Fische), führt dazu, dass die Tiere unter anderem Schwermetalle und Pestizide aufnehmen. Kaum ein Meerfisch aus Wildfang sei frei von hochgiftigem Quecksilber (hauptsächlich das überaus schädliche Methylquecksilber) – bei Stichproben werden die Grenzwerte oft überschritten. Weitere Schwermetalle im ach so gesunden Fisch: Arsen, Cadmium und Blei.

Besonders belastet sind natürlich die Raubfische, die mehr oder minder am Ende der Nahrungskette stehen. Deshalb rät die EFSA seit 2004, die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, Kleinkindern, schwangeren und stillenden Frauen (sowie solchen mit Kinderwunsch) vom Verzehr dieser Speisefische ab, wozu Thunfisch, Schwertfisch, Hai und Heilbutt gehören. Epidemiologische Studien (Seychellen und Faroer Inseln) zeigten einen statistischen Zusammenhang zwischen Entwicklungsstörungen bei Kleinkindern und einem hohen Fisch- oder Walfleischkonsum der Mütter. Die entsprechenden Warnungen sind noch immer gültig.